Einzelnen Beitrag anzeigen
Alt 29.10.2003, 12:33   #65
Ralf Rombach
Wels
 
Registriert seit: 17.04.2003
Beiträge: 93
Hi Claus,

ich versuche, einige Sachen mal aus dem Kopf heraus zu kommentieren.


Zitat:

sp. n. hinter einem bisher unbekannten Artnamen bzw. ein gen. n. hinter einem neuen Gattungsnamen auftauchen. Manche Autoren kürzen auch anders ab, aber im Prinzip ist es (und muss es auch sein!) mit diesen Abkürzungen (oder dem „neu“) sofort erkennbar. Dieses Anhängen von „sp. n.“ (o. Ä.) darf (!) nur in der Erstbeschreibung (also sozusagen bei der öffentlichen Taufe) vorkommen.
Korrekt.


Zitat:

Selbst wenn der Artikel später noch einmal abgedruckt wird (in einer Liebhaberzeitschrift z. B.) muss „sp. n.“ u. Ä. entfernt sein.
Nach der Nennung des neuen Namens sollte der Autor dann die übergeordnete Systematik anführen.
2 Beispiele mit Unterschieden:
Armbruster (2002): Hypancistrus inspector: A New Species of Suckermouth Armored Catfish (Loricariidae: Ancistrinae).
Pereira & Reis (2002): Revision of the loricariid genera Hemipsilichthys and Isbrueckerichthys (Teleostei: Siluriformes) with descriptions of five new species of Hemipsilichthys.
Zu erwähnen wäre noch, daß ein vollständiger Artname sich aus Gattung, Art, Autor und Jahr zusammensetzt.

Also:

Clauseria schaeferi ROMBACH, 2004 :vsml

oder

Corydoras mamore KNAACK, 2003 (um mal eine meiner Lieblingsbeschreibungen zu nennen.)


Zitat:

Der Text beginnt oft mit einer allgemeinen Einleitung, und damit das alle merken, steht dann “Introduction ” drüber.

Danach sollte der Autor Material und Methoden erläutern, damit die Leser wissen, mit welchen Fischen er z. B. die neue Art verglichen hat, wie er Schuppen gezählt hat, wie er seine DNA-Analysen gemacht hat, welche Computerprogramme angewendet wurden etc. pp.
Du schreibst oft und sollte, beides richtig, zwingend erforderlich ist es nicht, entspricht eher dem üblichen Aufbau wissenschaftlicher Arbeiten.


Zitat:

Im Text muss der Autor ein einziges Exemplar festlegen, dass die Charakteristika der Art möglichst auch am besten widerspiegelt. Das ist der Holotypus , die Bezugsgröße oder quasi ein Urmeter für die Art. Der Holotypus wird auch mit der jeweiligen Museumsabkürzung und seiner Inventarnummer genannt (z. B. ZFMK 23091). In den Institutionen/Sammlungen werden Holotypen besonders sorgfältig aufbewahrt und bewacht.
Korrekt.

Zitat:

Der Fundort des Holotypus muss ebenfalls angegeben sein. Heute macht man das dank GPS ziemlich genau, früher stand da schon mal „Brasilien“. Dieser Fundort heißt locus typicus bzw. Typusfundort (type locality ).
Ebenfalls korrekt, wobei bzgl. der geographischen Schärfe der Angabe keine Vorgaben bestehen. Dies ist auch heute nicht sinnvoll, da noch viel Material in Museen lagert mit unscharfen Angaben, welches der Aufarbeitung harrt.


Zitat:

Der Holotypus muss mit den charakteristischen Merkmalen, die nach Meinung des Autors die Berechtigung eben dieser neuen Art begründen, beschrieben werden. Bei Fischen zählt man Flossenstrahlen, Schuppen (bei Welsen immer vergeblich), beschreibt bestimmte Strukturen (Zähne, Flossenstrahlen etc.) usw. usf. Wichtig sind auch Körperproportionen und natürlich einzigartige Merkmale.
Jep. Wobei auch hier wieder. Das ist etwas derzeitiger Standard, aber nicht zwingend vorgeschrieben. Hätte ich eine Fisch ohne Kopf, wäre der so einzigartig, daß die Caharkterisierung als Fisch ohne Kopf ausreichen würde. Rein formal.


Zitat:

Besonders unumgänglich ist die Farbbeschreibung , allerdings ausschließlich der Leiche, weil sich die Lebendfärbung verliert und auf Dauer (oder zumindest ziemlich lange) nur die Schwarzmarkierungen erhalten bleiben – deshalb color(ation) in alcohol . Die Lebendfärbung wird allerdings inzwischen auch oft zumindest anhand eines entsprechenden Fotos dargestellt.
Korrekt.

Zitat:

Angaben zur Verbreitung und zum Lebensraum sollten ebenfalls vorhanden sein.
Du schreibst sollte, daher korrekt, zwingend erforderlich ist es nicht. Wie kann ein heutiger Autor beispielsweise die Verbreitung einer Art, die er anhand vielleicht 10 oder 20 Typen erkennt, fassen ? Es reicht die Benennung des locus typicus, dazu s.o.


Zitat:

Schließlich erklärt der Autor in der Etymologie auch noch, wie er den Namen gebildet hat und was das überhaupt heißen soll. Das kommt allerdings häufig auch direkt am Anfang.
Korrekt.

Zitat:

Das alles gipfelt in der Diagnose (die aber ebenfalls auch häufig am Anfang steht), in der kurz aber prägnant noch einmal zusammengefasst steht, warum ausgerechnet das eine neue Art sein soll.
Korrekt.

Zitat:

Man sieht es heute gar nicht gerne, wenn eine Art anhand eines einzigen Exemplars beschrieben wird. Geschlechts- und individuelle Unterschiede z. B. könnten so ja überhaupt nicht berücksichtigt werden. Also werden weitere Exemplare vermessen und beschrieben. Diese Fische – das sind die Paratypen - werden auch immer mit ihren Nummern genannt. Holotypus und Paratypen bilden zusammen die Typenserie .
Korrekt, zu den sonstigen Typen s.a. Walters Ergänzungen.

Zitat:

Garniert (nein, sie sind schon wichtig) wird das Ganze mit Abbildungen mindestens des Holotypus’ (und da mindestens Gesamtansicht der linken Seite). Dazu kommen weitere Fischbilder, möglicherweise Biotopfotos, Detailzeichnungen/-fotos charakteristischer anatomischer Merkmale, Karte mit mindestens Typuslokalität, Diagramme - ach, man kann so viele Bildchen da reinpacken...
nein, dazu s.o. - es geht im Zweifel auch ohne Abbildungen.


Zitat:

Was noch sein muss und immer am Schluss kommt, ist das Verzeichnis der verwendeten und zitierten Literatur .
Ohje, ich erinnere an die Erstbeschreibung von Corydoras mamore Knaack, 2003 (Literaturverzeichnis liegt der redaktion vor). Das sollte so sein, wird aber nicht immer eingehalten und führt formal nicht zur Aberkennung der Gültigkeit der Beschreibung.


Zitat:

In der äußeren Gestaltung (etwa Reihenfolge der einzelnen Abschnitte) ist der Autor eher frei, er muss aber bestimmte Dinge veröffentlichen, damit die Beschreibung Gültigkeit erlangt. Das tut sie allerdings erst, wenn sie veröffentlicht ist. Beschreibt ein anderer dieselbe Art und nennt sie natürlich auch anders, hat der gewonnen, der zuerst auf dem Markt ist. Wenn man weiß, dass ein Kollege am selben Fisch arbeitet, und es trotzdem tut, gilt man in Zoologenkreisen als unfair.
Erwähnt werden sollte noch, dass die Publikation in Zeitschriften oder sonstigen medien erfolgen muß, die im internationalen Leihverkehr der Bibliotheken verfügbar ist. Meist macht man dies anhand der ISSN oder ISBN Nummer fest.


Zitat:

Und dann existieren noch ganz viele andere verbindliche Regeln z. B. zur Namensbildung, Schreibweise, Art des Mediums, in dem veröffentlicht wird etc. pp.
Stimmt, s.o. bzgl. des Mediums.



> Meine Güte, normalerweise bekommt man für sowas hier (wenig) Geld.

Echt ?

gruss Ralf
__________________
Scalare Online
Ralf Rombach ist offline   Mit Zitat antworten