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Alt 29.12.2005, 18:24   #1
Walter
Herr Prof. Obermoserer
 
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Harnischwelse und "besondere" Nitrit-Empfindlichkeit. Nur ein Gerücht?

Hallo,

man liest in vielen Büchern (und noch weitaus zahlreicheren Internetplattformen) immer wieder über die besondere Empfindlichkeit von Harnischwelsen (oder L-Welsen) bezüglich im Becken angereicherter Stickstoffverbindungen.

Jetzt frage ich mich, woher stammt diese Information?
Handelt es sich hierbei wieder einmal nur um ein immer wieder weitererzähltes Aquarianermärchen, deren es ja viele gibt?

Warum frage ich mich das?
Weil ich genau gegenteilige Erfahrungen gemacht habe.

Die Vorgeschichte:
Ich hatte sozusagen "zuviele" Junge.
Der Einhängbehälter in meinem L 134 Becken war noch voll, und da schwammen schon wieder an die 20 Kleine frei im Elternbecken rum.
Ich will die nicht mehr dort aufwachsen lassen, da das Rausfangen später dann jedesmal zu einer vollständigen Ausräumaktion des Beckens ausartet.

Also hab ich auf die Schnelle ein kleines Becken (etwas über 20 Liter nur, 70 cm lang, 15 hoch, 20 breit) für die Jungfische im Einhängkasten hergerichtet.
Links und rechts an den Seiten jeweils ein mittels Luftheber betriebener Mattenfilter, in der Mitte ein Sprudelstein, Bodengrund, Wurzeln, Verstecke, ein paar flotierende Pflänzchen.
"Altes Wasser" und Mulm und Filterschlamm aus anderen Becken - klar.
Die Jungen aus dem Einhängkasten in das Becken überführt und die ganz Kleinen "Frischen" in den Einhängkasten.
Natürlich habe ich Nitrit gemessen - mir war klar, dass ich wahrscheinlich täglich Wasser wechseln werden muß.
Natürlich kam auch wie es kommen mußte - Nitrittest knallrot (getestet mit JBL und Dupla Test).
Also Wasser wechseln.
Wasser ab - mit einer Pumpe Wasser direkt aus dem Elternbecken ins Aufzuchtbecken.
Nitrittest.
Immer noch knallrot (irgendwas um 1,5 oder 2 mg/l NO2)

-> Nitrittest im Elternbecken.
Knallrot!
Was war los? Der Außenfilter war total verschlammt (lief aber noch), ewig nicht mehr gereinigt, stank schon erbärmlich. Dieser Empfehlung, Außenfilter nur zu reinigen, wenn sie nicht mehr rinnen, werde ich in Zukunft nicht mehr nachkommen. Aber das will ich hier nicht diskutieren - Problem war schnell behoben, und im Elternbecken war der Nitritwert auch schnell wieder (nach zwei oder drei Tagen) im grünen Bereich.
Nur: Bei diesen Nitritwerten haben die Tiere keinerlei Anzeichen von Unwohlsein gezeigt.
Sie haben in letzter Zeit mehrmals gebrütet.
Weder bei Alttieren, noch bei Tieren von mehreren Monaten (4 - 6 cm) noch bei Einmonatigen noch bei gerade frisch Freischwimmenden waren irgendwelche Anzeichen von Unwohlsein zu bemerken.
Auch keine abnormalen Ausfälle bei den Bruten (ein paar Junge sterben immer, aber wenn es weniger als 10 % sind, ist das für mich normal).

Gut.
Ich hab mich gewundert.
Gibt´s ja gar nicht.

Nun hab ich in dem kleinen Aufzuchtbecken aber immer noch erhöhte Nitritwerte, was ich mit fleißigem Wasserwechsel beantworte.
Die Jungtiere in dem Becken (Zweimonatige und ein paar Halbjährlinge) zeigen auch keinerlei Anzeichen von Unwohlsein, fressen, wachsen...

Mir war das ein Rätsel.
Also hab ich heute "die Probe auf´s Exempel" gemacht, als der NO2 Wert wieder bei etwa 1,5 mg/l war (Dupla Test).
Ich hab aus einem anderen Becken zwei Salmler gefangen (einen Nannostomus marginatus und einen Thayeria boelkei), in das Aufzuchtbecken geworfen und einige Zeit beobachtet.
Ergebnis:
Die Salmler zeigten sehr wohl die typischen Anzeichen einer Nitritvergiftung. V.a. der Schrägschwimmer war die ganze Zeit enorm am Pumpen. Beim Ziersalmler flatterten die Kiemendeckel nur so (hab das Verhalten dann mit ihren Artgenossen im anderen Becken verglichen - war eindeutig).

Die jungen Peckoltia L 134 zeigten keinerlei Auffälligkeiten.

Die Salmler hab ich inzwischen natürlich wieder in ihr angestammtes Becken gesetzt, wo sie auch sofort wieder normales Verhalten zeigten.


Jetzt frag ich mich natürlich, woher denn dieses Gerücht der besonderen Nitritempfindlichkeit der L-Welse stammt, da meine eigenen Erfahrungen diesbezüglich ja genau gegenteilig sind.
Die Salmler reagierten weitaus empfindlicher auf erhöhte NO2 Werte.

Natürlich handelt es sich nur um eine beobachtete L-Wels Art, die Beobachtungen sind sicher nicht repräsentativ, etc...

Aber - trotzdem seltsam.
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Grüße, Walter
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